Autor: Alexander Vollmers; stud.; Universität Hamburg

Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder (SETK 3-5)

Allgemeines

Der SETK 3-5 ist ein Sprachentwicklungstest zur Ermittlung der Sprachverarbeitungsfähigkeiten und auditiven Gedächtnisleistungen von drei- bis fünfjährigen  Kindern.
Der Test wurde von Hannelore Grimm entworfen und in dem Jahr 2001 im Hogrefe Verlag erstmals veröffentlicht. Der Preis für diesen Test beträgt 498,00 Euro.
Bei dem Test wird insbesondere auf die sprachliche Informationsverarbeitung sowie auf das phonologische Arbeitsgedächtnis geachtet. Dabei spielen die grammatischen Fähigkeiten sowie die Enkodier- und auditiven Gedächtnisleistungen eine besondere Rolle. Das Sprachverständnis, die Sprachproduktion sowie das Sprachgedächtnis werden genauer  untersucht. Der Test erfasst zudem ausgewählte syntaktische und morphologische Kompetenzen.
Im Gegensatz zu anderen Sprachentwicklungstest wird hier nicht ausdrücklich auf prosadische und pragmatische Kompetenzen geachtet. Ebenfalls werden phonologische Aspekte wie die Lautbildungsfehler nicht berücksichtigt, weil nicht die Qualität der Aussprache im Mittelpunkt stehen sollte, sondern die Fähigkeit der Sprachverarbeitung.

 

Ziele

Durch den Aufbau der verschiedenen Untertests kann eine Vielzahl von unterschiedlichen Fähigkeiten geprüft werden.
Dabei handelt es vor allem um Teilleistungen der Sprachentwicklung, des Sprachverständnisses, der Sprachproduktion und des Sprachgedächtnisses.
Desweiteren ermöglicht der Test,  das Sprachentwicklungsniveau in einen kausalen Erklärungszusammenhang mit den auditiven Gedächtnisleistungen zu bringen.
Die Auswertung des Testes soll einen Gesamtüberblick über vorhandene Kompetenzen ermöglichen. Dadurch kann bei einer starken Abweichung vom erwarteten Ergebnis („Normalfall“) benötigter Förderbedarf festgestellt werden. Ist das der Fall, so wird ein Förderprofil angefertigt, nach dem das Kind in den Bereichen Semantik, Linguistik, Prosodie sowie Syntax auf eine angemessene Weise gefördert werden kann.

 

Testaufbau

Der SETK 3-5 besteht aus vier Untertests bei den dreijährigen Kindern und fünf Untertests bei den Vier- bis Fünfjährigen. Dabei haben Dreijährige die Aufgabe, konkret dargebotene Ereignisse verbal zu enkodieren, während Vier- bis Fünfjährige abstraktes Regelwissen in die Aufgabenbearbeitung einbringen müssen. Eine besonders bedeutsame Grundfunktion für den Spracherwerb stellt das auditive Gedächtnis dar. Hier sind vor allem die phonologische Repräsentationsfähigkeit, die Kurzzeitgedächtnisspanne und das Satzgedächtnis wichtig, was in der Untertestgestaltung des SETK 3-5 besonders berücksichtigt wird.
Die Testdauer beträgt insgesamt ca. 20-30 Minuten und beansprucht im Gegensatz zu anderen Tests relativ wenig Zeit. Artikulationsprobleme werden bei dem Test nicht separat untersucht. Einzig und allein bei dem Untertest "Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter" fließen sie negativ in die Bewertung ein.
Folgende Materialen werden benötigt:
Protokollbögen, Materialset, Bildkartensätze, Figurensätze und eine Audiokasette.

Alter: 3,0-3,11:

Sprachverstehen

Untertest 1: Verstehen von Sätzen (VS)

Sprachproduktion

Untertest 2: Enkodierung semantischer Relationen (ESR)
Untertest 4: Morphologische Regelbildung (MR)

Sprachgedächtnis

Untertest 3: Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN)

Alter 4,0-5,11

Sprachverstehen

Untertest 1: Verstehen von Sätzen (VS)

Sprachproduktion

Untertest 4: Morphologische Regelbildung (MR)

Sprachgedächtnis

Untertest 2: Satzgedächtnis (SG)
Untertest 3: Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN)
Untertest 5: Gedächtnisspanne für Wortfolgen (GW)

Testdurchführung

Die Untertests werden spielerisch durchgeführt. Der Testleiter soll dabei die Anweisungen  ohne ablesen wortgetreu wiedergeben. Es darf dabei keine Wiederholung stattfinden. Der Tester soll außerdem keine Bewertungen wie „richtig“ oder „nicht ganz richtig“ vornehmen, damit der Proband nicht verunsichert wird. Der Test wird aufgrund der Standardisierung wie folgt eingehalten und darf nur beim Untertest „Gedächtnisspanne mit Wortfolgen“ - wenn zwei Folgen mit gleicher Länge falsch wiedergegeben wurden- abgebrochen werden:

Untertest 1 Verstehen von Sätzen (VS)

Bei dem ersten Untertest „Verstehen von Sätzen“ werden insgesamt neun Bildkarten mit vier ähnliche Darstellungen benötigt.
Der Tester zeigt dem Kind so z.B. eine Karte und fragt: „Zeige mir: Der Hund läuft.“
Nachdem das Kind den Satz gehört hat, muss es sich für ein Bild entscheiden und darauf zeigen. Dabei wird untersucht, wie gut der Proband die Instruktion verstanden hat und umsetzen konnte.  
Untertest 2 Enkodierung semantischer Relationen (ESR)
Bei diesem Untertest werden Bildkarten benötigt, auf denen verschiedene Szenarien abgebildet sind. Es gibt immer ein Subjekt, welches eine Handlung vollzieht. Dabei werden Szenarien bevorzugt, bei denen verschiedene Präpositionen eingesetzt werden können. Der Proband soll nun das Bild mit einem Satz beschreiben. Anschließend werden die Wörter gezählt.
Untertest 3 Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN)
Bei dem Untertest 3 „Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter“ wird überprüft, ob der Proband in der Lage ist, vorgesprochene Nichtwörter so schnell und genau wie möglich wiederzugeben. Dabei muss besonders darauf geachtet werden, dass das Kind nicht von den Lippen des Testleiters abliest. Aus diesem Grund wird dem Tester geraten, die Wörter mit leicht gesenktem Kopf zu sprechen. Als Material sind für diesen Test 14 bunte Fantasiefiguren vorgesehen.
Untertest 4 Morphologische Regelbildung (MR)
Hier wird überprüft, ob das Kind in der Lage ist, den Plural morphologisch zu markieren. Um diesen Test durchführen zu können, werden zweigeteilte Bilder benötigt. Auf der linken Seite befindet sich ein Abbild eines Objektes, auf der rechten Seite mehrere Abbilder des gleichen Objektes. Der Proband soll nun den Plural des abgebildeten Objektes nennen.

Alter 4,0-5,11
Untertest 1 Verstehen von Sätzen (VS)
Bei diesem Untertest soll darauf geachtet werden, ob und in welchem Maße das Kind Wörter und Sätze unterschiedlicher Komplexität nachvollziehen und verstehen kann.
Es werden dafür drei unterschiedliche Materialsätze benötigt. Die ersten beiden Materialen sind die gleichen wie beim Test für Drei- bis Vierjährige.
Untertest 2 Satzgedächtnis (SG)
Bei dem Test wird geprüft, inwiefern der Proband die Fähigkeit besitzt, vorgesprochene Satzformen unterschiedlicher semantischer und syntaktischer Qualität zu reproduzieren.
Die Sätze sollen mit deutlicher und normaler Satzintonation vorgesprochen werden. Die Antworten des Kindes sollen bestenfalls aufgenommen und protokolliert werden.
Ein wiederholtes Vorsprechen ist nur dann erlaubt, wenn das Kind den Satz aus akustischen Gründen nicht verstanden hat. Der Test besteht aus 15 Sätzen, welche in sechs sinnvolle und neun sinnlose Sätze unterteilt werden.
Untertest 3 Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter (PGN)
Im Gegensatz zu dem Test bei den Drei- bis Vierjährigen wird hier auf Fantasiefiguren verzichtet.
Der Unterschied liegt also da drin, dass dem Kind deutlich gesagt wird, dass es darum geht, die Wörter zu wiederholen. Dabei ist es egal, ob die Nichtwörter Fantasiefiguren oder einfach nur unbekannt sind.
Untertest 4 Morphologische Regelbildung (MR)
Bei dem Test werden den Kindern acht weitere Bildkarten mit nicht existierenden Wörtern vorgelegt. Diese Bildkarten könnten u.a. die Namen „Ribane“, „Tulo“ oder „Plarte“ beinhalten.
Untertest 5 Gedächtnisspanne für Wortfolgen (GW)
Hier wird überprüft, inwiefern der Proband in der Lage ist, mehrere Wörter, welche hintereinander vom Testleiter vorgesprochen werden,  im Gedächtnis abzuspeichern und dann wiederabzurufen. Der Tester soll dabei darauf achten, dass er die Wörter langsam und gleichmäßig – am besten im Sekundentakt- spricht. Dabei darf es zu keiner Wortgruppierung kommen, weil sonst das Kind denken könnte, dass es sich bei den Wörtern um zusammengesetzte Wörter handeln würde. Auch hier sollte darauf geachtet werden, dass nicht von den Lippen abgelesen werden kann.
Außerdem darf die Wortsequenz nur einmal wiedergegeben werden. Es gibt insgesamt Sequenzen bis zu sechs Wörtern. Jede dieser Wortfolgen beinhaltet zwei verschiedene Sätze. Ist der Proband nicht in der Lage einen dieser beiden Folgen zu reproduzieren, wird der Untertest abgebrochen. Folgende Sequenzen sind z.B. möglich:
zwei Wörter: „Schuh, Bett“ oder drei Wörter: „Kopf, Lied, Buch.“

 

Gütekriterien

Auch bei diesem Test werden die drei Gütekriterien berücksichtigt.

 

Objektivität

Das Gütekriterium Objektivität ist in Hinsicht auf drei Dinge gewährleistet:
- Durchführungsobjektivität
Die Durchführung erfolgt nach einer genauen Anleitung und ist somit bei allen Probanden gleich.

- Auswertungsobjektivität
Durch klar definierte Aufgabenstellungen wird eine objektive Auswertung ermöglicht (Hohe Übereinstimmung, ca. 90.1%).

- Interpretationsobjektivität
Aufgrund der vorliegenden Normtabellen, theoretische Grundlagen sowie eine Beschreibung und Begründung der Tests ist eine objektive Interpretation gewährleistet.

 

Reliabilität

Der Test hat zufriedenstellende bis gut bewertete Werte zwischen .62 und .89 und ermöglicht eine detaillierte Untersuchung der sprachlichen Verarbeitungsfähigkeiten.

 

Validität

Durch die Erfüllung der Konstrukt- und Kriteriumsvalidität ist eine hohe Validität möglich.

 

Auswertungen

Damit eine Auswertung stattfinden kann, wird zuerst eine Berechnung des Testalters vorgenommen und anschließend die Rohwerte ermittelt. Daran anschließend wird dann überprüft, ob sich zwei Kinder derselben Altersgruppe in den Testwerten unterscheiden.
Das wird mithilfe der kritischen Differenz zweier Rohwertpunkte vorgenommen. Ist dieser Wert überschritten, so ist ein Unterschied festzustellen. Aufgrund der Normtabellen besteht die Möglichkeit, die Rohwerte in T-Werte umzuwandeln:
T-Werte zwischen 40 und 60 bedeutet ein durchschnittliches Ergebnis. Alle T-Werte über 60 sind ein überdurchschnittliches und alle Werte unter 40 sind demnach ein unterdurchschnittliches Ergebnis.
Sind alle T-Werte ermittelt, so werden die Vertrauens- bzw. Konfidenzintervalle eingetragen und eine Umwandlung der T-Werte in Prozentränge vorgenommen. Abschließend wird dann die Normtabellen herangezogen und eine passende Interpretation der Untersuchung vorgenommen.

 

Kritik

Der SETK 3-5 erfasst durch hohen Standard wichtige Aspekte der Sprachentwicklung im Vorschulalter.
Zudem ist er mit einer Durchführungsdauer von 20-30 min. sowie einer folgenden Auswertung von ca. zehn Minuten sehr zeitökonomisch.  Durch abwechslungsreiche Untertest entspricht er ebenfalls einer ansprechenden Gestaltung und durch die altersgerechten Aufgaben, welche spielerisch durchgeführt werden, ist er sehr kinderfreundlich.
Außerdem ermöglicht der Test aufgrund seiner differenzierten Beobachtungsfelder, die alle wichtigen Leistungsbereiche beinhalten, eine genaue Sprachdiagnostik und kann so passende Förderpläne ermöglichen.
Jedoch basiert der SETK 3-5 auf großer theoretischer Grundlage und benötigt somit eine umfassende Auseinandersetzung mit der Auswertung, sodass eine hohe Vorbereitungs- sowie Nachbereitungszeit anfällt. Außerdem bleibt weiterhin unklar, welche Bedeutung den Differenzen zwischen den eigenen Untertestergebnissen beigemessen werden kann.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der SETK 3-5 wegen seiner Aktualität im Bezug auf die Normen sowie die allgemeine Konzeption gut geeignet ist. Besonders bei Übertrittsentscheidungen (Wechsel auf weiterführenden Schulen) kann dieser Test herangezogen werden.

 

Literatur

Grimm, Hannelore (Hrsg.): Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige, Göttingen 2001.

 

Weblinks

Macha, Thorsten (Hrsg.): Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder. Stand: 14.12.2009. http://entwicklungsdiagnostik.de/setk_3-5.html (letzter Zugriff am 27.06.2013).