Pragmatisch-Kommunikative Störungen
Einleitung
Die Erfassung und Therapie pragmatischer Störungen ist ein wesentlicher Bestandteil sprachtherapeutischer Aufgaben. Im deutschsprachigen Raum gibt es bislang wenige objektive und bewährte diagnostische Instrumente. Angloamerikanische bzw. britische Verfahren sind zwar vorhanden, aber liegen zumeist nicht in Übersetzung vor und sind nur zu einem gewissen Grad übertragbar. Die wenigen Möglichkeiten zur Diagnostik pragmatischer Störungen können der Grafik entnommen werden. Dabei sollte insbesondere die Erhebungssituation und Modalität beachtet werden, da pragmatische Störungen situationsabhängig sind und sich in verschiedenen Bereichen unterschiedlich stark präsentieren können. Somit ist es notwendig ein komplexes Profil der kindlichen Kompetenzen zu erstellen.
1. Elternbefragung
a) Das Pragmatische Profil
Allgemeine Angaben
Autor: Andrea Dohmen
Jahr: 2009
Beschreibung des Verfahrens
Zielgruppe:
Alle Berufsgruppen mit professionellem Interesse an der Kommunikationsentwicklung von Kindern (Logopäden, klinische Linguisten, Patholinguisten, Sprachheilpädagogen, Sprachtherapeuten, Entwicklungspsychologen, klinische Psychologen und Sonderpädagogen sowie interdisziplinäre pädiatrische Teams).
Inhalt:
Das erste Verfahren zur Analyse pragmatisch-kommunikativer Fähigkeiten im
deutschsprachigen Raum:
- erfasst ökonomisch in Form eines strukturierten Interviews eine Bandbreite kommunikativer Fähigkeiten in variierenden Alltagssituationen von Kindern bis 10 Jahren
- erläutert die Auswertung und Einschätzung der Analyseergebnisse
- bietet einen praktischen Ausblick über die therapeutischen Ansatzpunkte
- ermöglicht eine gezielte Interventionsplanung
Mit dem Pragmatischen Profil können die kindliche kommunikative Entwicklung vollständig eingeschätzt werden:
(Die Angebote auf elsevier.de werden aktualisiert und erweitert)
- beide Interviewbögen zum Downloaden
- mehr Informationen zur theoretischen und praktischen Therapiekonzeption
- anschaulich und kompakt dargestellt in einem L.O.G.O.S.-Artikel der Autorin
Durchführung:
- Befragung von Bezugspersonen (Eltern, Lehrer, Betreuer etc.) des Kindes zu konkreten Kommunikationssituationen
- Notizen auf dem Fragebogen
- möglichst eigene Wortwahl der Bezugspersonen (zur Unterstützung sind Beispiele für mögliche Reaktionen des Kindes auf dem Interviewbogen gegeben, verwendete Beispiele müssen gekennzeichnet werden)
- unbeantwortete Fragen können zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden mehrfache Durchführung möglich
- Zusammenfassung der Ergebnisse
- Durchführungszeit variabel (ca. 30-45 Minuten)
- Flexible Durchführung (Altersspannen sind nur Richtlinien)
- Individuelle Zusammensetzung des Interviews nach dem „Baukastensystem“
- Formulierungen können verändert u. an die Bedürfnisse des Kindes angepasst werden
- Durchführung auch bei Kindern mit Migrationshintergrund möglich
Aufbau:
- Interview I (bis 4,11 Jahre) 38 Fragen
- Interview II (ab 5-10 Jahre) 32 Fragen
- Auswertungsbogen/bzw. Zusammenfassung der kommunikativen Fähigkeiten
Auswertung des Interview- und Protokollbogens:
Zusammenfassung und Einschätzung der kommunikativen Fähigkeiten
- Auswertung anhand des „Profils der individuellen kommunikativen Fähigkeiten“
- Orientierende Einschätzung des kindlichen kommunikativen Verhaltens
o Elemente der kommunikativen Analyse
o Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten
- Differenzierung der Einschätzung des kindlichen Kommunikativen Verhaltens
--> ermöglicht im Sinne einer orientierenden Richtlinie die Einschätzung des kindlichen kommunikativen Verhaltens für notwendige Entscheidungen im klinischen und pädagogischen Alltag
b) CCC (Children´s Communication Checklist)
Allgemeine Angaben
Autor: Dorothy Bishop (Deutsche Version: Maria Spreen-Rauscher)
Jahr: 1998 (Deutsche Version: 2003)
Beschreibung des Verfahrens
Art des Verfahrens:
Der CCC ist ein Fragebogen für Bezugspersonen, die das Kind gut kennen, in dem Fall länger als 3 Monate. Das können Eltern, Lehrer, Therapeuten oder andere Bezugspersonen sein.
Zweck:
- Diagnostik kommunikativer Störungen bei SES Kindern, die nicht von allgemeinen Sprachentwicklungstests aufgedeckt wurden
- zur Identifizierung/ Orientierung sprachlich-pragmatischer Fähigkeiten/ Auffälligkeiten in der Eingangsstufe (7-9 Jahre)
- Diagnosehilfe zur Beurteilung des komm. Entwicklungsstandes: gewonnenen Infos geben Anhaltspunkte für individuelle Förderung, Beratung oder noch einzuleitende diagnostische Schritte --> kann zur diagnostischen Hypothesenbildung beitragen
Unterskalen:
A Sprechen
B Syntax
C Unangemessenes Initiieren von Gesprächen
D Kohärenz
E Gesprächsstereotypien
F Verhalten im Gesprächskontext
G Rapport
H soziale Beziehungen
I Interessen
* A-B: Sprache + Sprechen
* C-G: "pragmatische Gesamtskala"
* H-I: Sonstige
Auswertung:
- am Ende des Bogens Platz für eigene Beobachtungen/ typische Beispiele
- Fragen werten: Punkteverteilung:
I (trifft nicht zu) = 0 Punkte
II (trifft teilweise zu) = 1 Punkt
III (trifft voll zu) = 2 Punkte
IV (weiß nicht) = nicht werten
Wenn in einer Skala mehr als 1/5 nicht gewertet wurde, darf die Skala nicht benutzt werden
- Punkte zusammenzählen:
Die Punkte jeder Skala werden zusammengezählt. Fragen mit einem [-] dahinter werden negativ gewertet (also abgezogen). Die Punkte jeder Skala werden von 30 abgezogen. Wenn 4. angekreuzt wurde oder wenn fehlende Daten, muss die Gesamtpunktzahl anteilsmäßig ermittelt werden: (Summe der Skala) : (Anzahl ihrer gewerteten Items), dann mit der Gesamtzahl der Items der Skala multiplizieren (auf die nächste ganze Zahl runden).
- pragmatische Gesamtskala ermitteln:
Die Werte der Skalen C bis G werden addiert.
Interpretation:
Es können die einzelnen Skalen interpretiert werden, oder der Gesamtwert (C-G).
Skalen:
- Kinder mit einem Gesamtwert unter 132 sind (semantisch-) pragmatisch auffällig; meistens Kinder, die vor Untersuchung schon als auffällig eingestuft wurden - Vorsicht bei Werten um 132 Punkte
Standardisierung:
nicht standardisiert
2. Subtests in allgemeinen Sprachentwicklungstests
a) Informelles Verfahren zur Überprüfung von Sprachverständnisleistungen (IVÜS)
Sprachverständnisscreening
Autoren: Baur, S. & Endres, R.
Zielgruppe: Kinder zwischen 4 und 8 Jahren
Inhalt:
- Produktion situativ passender Äußerungen
Durchführung:
- Ausagieren von Sätzen mit Figuren
Anmerkungen:
- zu geringes Spektrum an pragmatischen Kompetenzen überprüft
- Fähigkeiten zur Perspektivenübernahme nicht ausreichend erfasst
- Bei Auffälligkeit weitere Diagnostik nötig
b) Marburger Sprachverständnistest
Allgemeine Angaben
Autor: Elben, C. & Lohaus, A.
Jahr: 2001
Beschreibung des Verfahrens
Der Test besteht aus 6 Untertests, d.h. zwei Subtests aus dem Bereich Semantik ( passiver Wortschatz, Wortbedeutung), zwei Subtests aus dem Bereich Syntax (Satzverständnis, Instruktionsverständnis) sowie zwei Subtests aus dem Bereich Pragmatik (personen- und situationsbezogene Sprachzuordnung).
Bei der personenbezogenen Sprachzuordnung ist es die Aufgabe, auf Bildern diejenige Person zu identifizieren, die in einem bestimmten situativen Kontext eine in Aussageform vorgegebene Handlung durchführt.
Hingegen bei der situationsbezogenen Sprachzuordnung wird als Aufgabe gesehen, aus mehreren Bildern das richtige herauszufinden, welches auf die Aussage des Untersuchers passt.
Für den Test ist eine Zielgruppe von Kindern im Vorschulbereich bzw. der 1. Klasse (5-7 Jahre) vorgesehen. Der Test kann als Einzel- oder Gruppentest durchgeführt werden.
c) Heidelberger Sprachentwicklungstest (HSET)
Allgemeine Angaben
Autoren: Grimm, H. & Schöler, H.
Jahr: 1998
Grundannahme: Interaktion von pragmatischen und linguistischen Fähigkeiten die physiologische Sprachentwicklung prägt.
Zielgruppe: Kinder zwischen 3 und 9 Jahren
Inhalt:
Interaktive Bedeutungen:
- Benennungsflexibilität: Benennaufgaben mit Rücksicht auf Verwandschaftsbeziehungen
- In - Beziehung-Setzen von verbaler und nonverbaler Information: rezeptive Zuordnung von Gefühlsäußerungen zu Gesichtsbildern, Produktion von emotionsgefärbter Äußerungen
- Enkodierung und Rekodierung gesetzter Intentionen: Produktion situationsabhängiger Äußerungen unter Beachtung der Sprecherperspektive
Kritik:
- Gütekriterien erfüllt
- Normierung für Kinder zwischen 3 und 9 Jahren veraltet
- uneindeutige Abbildungen zu Gefühlszuständen
- Benennung von Verwandschaftsbeziehungen nicht unbedingt alltagsrelevant
- Rückschlüsse auf Perspektivenübernahme nur bedingt möglich
- begrenzter Aussagekraft über das pragmatische Kompentenzprofil eines Kindes
3. Interaktionsanalysen
a) Heidelberger Marschak Interaktionsmethode
Allgemeine Angaben
Autor: Ritterfeld, Ute & Franke, Ulrike
Jahr: 1994
- Qualitativ–exploratives Diagnostikum im Rahmen einer TheraPlay-Intervention
- Schwerpunkt auf Eltern-Kind-Beziehung und eltern-Kind-Interaktion
- Erhebung früher pragmatisch-kommunikativer Fähigkeiten
- Erfassen elterlichen Verhaltens in der Interaktion
Inhalt:
- Emotionalität in den Äußerungen (bindungsorientiert)
- Führung des Kindes
- Stressbewältigung
Durchführung:
- Bezugsperson und Kind erhalten Umschläge mit Aufgaben (z.B. „Füttern Sie sich gegenseitig.“ / „Bauen Sie ein Haus und lassen sie es vom Kind nachbauen.“)
- Hypothesengeleitete Auswahl aus 45 Settings
- Videoaufnahme
Auswertung:
- an Fragestellung angepasst
- qualitative Erfassung relevanter Verhaltensweisen von Eltern und Kind
Kritik:
- keine Normwerte / Gütekriterien
- Hypothesengeleitete Auswahl von Interaktionssettings nach dem Baukastenprinzip ermöglicht gezielte Untersuchung
- Schwerpunkt auf einer globalen Förderung der Entwicklung des Kindes: genaue Auswahl der Aufgaben nötig, um pragmatisch-kommunikative Kompetenzen zu evozieren: relativ hoher Anspruch an Untersucher
b) Beobachtungsbogen für vorsprachliche Fähigkeiten und Eltern-Kind-Interaktion (BFI)
Autorinnen: Schelten-Cornish, S.; Wirts, C.
Jahr: neue Version von 2011
Zielgruppe: Untersuchung vorsprachlicher Fähigkeiten und der Eltern-Kind-Interaktion, von Therapeutin auszufüllen
Inhalt:
Kontaktverhalten /Basiskompetenzen:
- Blickkontakt
- Zuwendung / Körperkontakt
- Gefühlsäußerungen
- Reaktion auf Interaktion
- Referenzverhalten
- Hinzeigen / Blick der Bezugsperson folgen
- Intentionalität
- Aufmerksamkeit
- Verhalten
Interaktionsformen und –funktionen:
- Sprachverständnis
- Gesten
- Nachahmung
- Spielverhalten
Lautsprache:
- Verständlichkeit
Interaktionsverhalten Bezugspersonen:
- Verhältnis von Initiieren und Reagieren bei der Bezugsperson
Basisstrategien:
- Abwarten
- Blick des Kindes abholen
- Kommunikation anregen
- Geteilte Aufmerksamkeit
- Handlungsergänzendes Sprechen
- Nachahmung
- Komplexität der Sprache anpassen
- Sprachgeschwindigkeit anpassen
- Modellieren kindlicher Äußerungen
- Wiederholungen fördern
- Gesteneinsatz
- Passende Fragen
Therapeutische Strategien:
- Wirksames Loben
- Routinenverwendung
- Irritationen / Hindernisse zur Kommunikationsförderung einsetzten
- Schlüsselwortstrategien
Ergänzungsblatt zur Feinanalyse der Lautsprache:
- Silbenstrukturen
- Phonologische Prozesse
Durchführung:
Gestaltung einer fünf- bis zehnminütigen Spielsituation, die auf Videoband aufgenommen und anschließend analysiert wird. Einsatz von Symbolspielzeug (z.B. Puppen, Kochutensilien) ist wünschenswert, ebenso wie Anschauen eines Buches.
Anmerkungen:
- BFI Bögen und Handanweisung zum Download auf der Homepage der Autorin: www.sprachtherapie-sc.de/g_publish.htm
- Erfassen wichtiger Aspekte Pragmatischer Fähigkeiten
- auch als Verlaufsdokumentation einsetzbar
- eingängige Protokollbögen mit Platz zu zusätzlichen Anmerkungen
- veranschlagte Durchführungszeit ca. 5 bis 10 Minuten (Videoaufnahmen)
- Bewertungsskala nicht ganz eindeutig, Nachteil einer Skala ohne Punktesystem
- nicht standardisiert, informelles Verfahren
c) Beobachtungsbogen für pragmatische Fähigkeiten (BFP)
Autoren: Schelten-Cornish, Hofbauer und Wirts
in Anlehnung an Schelten-Cornish, Wirts (2008) Beobachtungsbogen für vorsprachliche Fähigkeiten und Eltern-Kind-Interaktion (BFI).
Bewertung erfolgt auf folgenden vier Stufen: altersgemäß /entwicklungsgemäß, optimierbar, nicht ausreichend, nicht beurteilbar
Nonverbale Fähigkeiten:
- angemessener Blickkontakt
- Zuwendung / persönliche Distanz
- angemessene Lautstärke der Stimme
- angemessene Intonation
- angemessene Mimik
- angemessene Körpersprache, Gesten
- Aufmerksamkeit
- Verhalten (aggressiv/oppositionell, schüchtern/ängstlich, passiv/teilnahmslos, Sonstiges)
Linguistische Fähigkeiten:
- Sprachverständnis
- Phonetisch /Phonologische Fertigkeit
- Semantisch /Lexikalische Fertigkeit
- Morphologisch / Syntaktische Fertigkeit
Kognitive Ressourcen:
- Referenzverhalten
- Theorie des Geistes (Theory of Mind)
- Spielverhalten (persönlich und sozial)
Kommunikative Intentionen:
- Umgangsformen
- Grundlegender Diskurs
- Komplexer Diskurs
Aufrechterhalten des Gesprächs:
- Aufmerksamkeit auf sich Lenken
- Interaktion initiieren
- Zuhören
- angemessene Antwort auf Interaktion
- Interaktion aufrechterhalten durch (ja, mhm, Wiederholung, inhaltliche Rückmeldung)
- am Thema bleiben
- Turn Taking
- Höflich Unterbrechen
- In bestehendes Gespräch einsteigen
- Missverständnisse klären
- Um Klärung bitten
- Thema wechseln
- Interaktion beenden
Anpassung an Zuhörer, Situation:
- Ausdrucksweise an Zuhörer angepasst
- Ausdrucksweise an Situation angepasst
- Referenten verständlich
- Kohärente, strukturierte Rede
- Vorwissen der Zuhörer berücksichtigt
Interaktionsverhalten der Bezugsperson:
- Verhältnis von Initiieren und Reagieren
- Abwarten
- Antworten
- Blick des Kindes abholen
- Kommunikation anregen / aufrechterhalten
- Geteilte Aufmerksamkeit (Joint Attention)
- Komplexität der Sprache anpassen
- Sprachgeschwindigkeit anpassen
- Modellieren der kindlichen Äußerungen
Anmerkungen:
- noch nicht veröffentlicht
- downloadbar auf der Homepage von Fr. Schelten-Cornish http://www.sprachtherapie-sc.de/g_pragmatik.htm
d) Analyse der Kommunikation und Interaktin (AKI)
Autorinnen: Kraus, H. & Wagner, J.
Jahr: 2012
Zielgruppe: Kinder im Vorschulbereich und Grundschulbereich, insbesondere Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen
Inhalt:
Spielsequenz:
- Explorationsspiel, Symbolspiel, Soziales Rollenspiel
- Turn-Taking (nonverbal)
- Joint Attention, Blickkontakt,
- Theory of Mind
- Distanzverhalten und Kontaktaufnahme u.a.
- Bilderbuch: „Oma und Frieder eine Freude“ (Mebs 1995, adaptiert und neu illustriert)
- Kooperation
- Echolalie
- Monitoring des Sprachverstehens
- Deuten von Emotionen
- Pragmatsiches Verständnis u.a.
- Diskurs mit Elizitierungsfrage: „Hast du deiner Mama auch schon einmal eine Freude gemacht“
- Kohärenz
- Kohäsion
- verbales Turn Taking
- Reaktion auf nonverbale Kommunikation und Repairverhalten u.a.
Durchführung:
- ca. 15-20 Minuten
- Videoaufnahme empfohlen
Auswertung:
- Beurteilung der Kategorien: Nonverbales Verhalten, Diskursverhalten, Emotionen, Verständnis, Spielverhalten, Kooperation
- Kriterienkatalog mit vierstufiger Skala
Anmerkungen:
- informell und nicht standardisiert
Pilotstudie:
* Evaluation an 23 Kindern zwischen 3;3 und 9;2 Jahren (Autismus-Spektrum-Störungen: N=7 ; Sprachentwicklungsstörung: N=6)
* Interraterrealiabilität bei Nutzung des Kriterienkatalogs gut (k=.632-.759)
* umfassender Überblick über pragmatische Fähigkeiten
* valide Erfassung der Störungsschwerpunkte autistischer Störungen
* Berücksichtigung der Einschätzung der Eltern wird empfohlen
* Bachelorarbeit und Material zum Download unter: epub.ub.uni-muenchen.de/14199/
3. Untersuchung des Erzählverhaltens
a) Kindliches Erzählverhalten (Online Fragebogen, Achhammer, 2012)
In Anlehnung an einen Diagnosebogen von Schelten-Cornish (2008) liegt seit 2012 ein weiterer Fragebogen zur Erfassung des kindlichen Erzählverhaltens vor (Achhammer, in Bearbeitung). Die Bewertungsstufen sind unterteilt in folgende fünf Kategorien: trifft zu, trifft überwiegend zu, trifft überwiegend nicht zu, trifft nicht zu, weiß nicht. Folgende Aspekte und Kategorien werden überprüft:
Autorin: Achhammer, B.
Jahr: 2012
Zielgruppe: Kinder im Vorschulbereich und Grundschulbereich, von Sprachtherapeuten oder ggf. Lehrern auszufüllen
Inhalt:
Online Fragebogen zur Erfassung des kindlichen Erzählverhaltens in den Bereichen: Kohärenz, Kohäsion und Sonstiges
Aufbau:
Kohärenz:
- Ausreichende Informierung und gute Einschätzung des Wissensstands des Gegenübers
- Plötzlicher Erzählbeginn ohne Einleitung
- Informationen zu „Wer“, „Wo“, und „Was“
- Sofortiger Beginn der Geschichte mit dem Problem
- Ausführliche Schilderung des Höhepunkts
- Unverbundene Aneinanderreihung von Beschreibungen
- Vorhandensein eines Höhepunkts
- Veränderung der Situation durch den Höhepunkt
- Veränderung der Personen durch Problem (Beziehung zueinander, Gefühle)
- Deutliche Darstellung der Emotionen der Personen
- Wiedergabe der Ergebnisse in richtiger Reihenfolge
- Folgen einer Lösung auf das Problem (Konflikt löst sich auf oder Katastrophe)
- Abrundung und logisches Ende der Geschichte
- Anpassung der Sprache an den Zuhörer (Angemessenheit gegenüber Erwachsenen)
- Richtige Einschätzung des Informationsstandes des Gegenübers (Erzählen, als würde man die Bilder nicht sehen)
- Erzählen von unwesentlichen Details, die nichts zum Geschichtenverlauf beitragen
Kohäsion:
- Semantisch korrekte Verwendung von Bindewörtern
- Erzählung der Geschichte in durchgängig gleicher Zeitstufe
- Auffallende und störende Wiederholung einzelner Wörter
- Korrekte Verwendung von Pronomina
- Verwendung wörtlicher Rede
- Logische Einsetzung und Bereicherung der Geschichte durch wörtliche Rede
Sonstiges:
- Bei Bildergeschichte: Erkennung des Themas. Korrekte „Lesung“ der Bilder
- natürliches Verhalten des Kindes in der Situation
- Der Geschichte und dem Kontext angemessene Wortwahl und Wortschatz
- Keine Verwendung von Nebensätzen
- Keine morphologischen Probleme
Anmerkungen:
- Als Online-Fragebogen konzipiert, übersichtliche Darstellung
- fünfstufige Bewertungsskala (evtl. Gefahr der zentralen Tendenz)
- keine Angabe zu Normwerten und Altersstufen (noch in Entwicklungsphase)
b) Informelles Screening der Erzählfähigkeiten: Diagnosebogen (Schelten-Cornish, 2008)
Autorin: Schelten-Cornish, S.
Jahr: 2008
Zielgruppe: Kinder im Vorschulalter und Grundschulalter, von Sprachtherapeuten oder Lehrern auszufüllen
Bewertung: Ankreuzen von Ja oder Nein, im Sinn von ausreichend vorhanden oder nicht vorhanden
Inhalt:
- Geschichtenverständnis (Geschichte: Das dumme Mäuslein)
- Kohärenz:
* Kulisse
* Verursachendes Geschehen
* Interne Reaktion
* Plan
* Aktion, Lösungsversuch
* Ergebnis
* Schluss
- Kohäsion:
* Verhältnis Bindewörter / Sätze ausreichend
* semantische Korrektheit der Bindewörter
* Zeitlicher Zusammenhang durch Adverbien, Kontext
* Wiederholungen
* Pronomen
* Wörtliche Rede
- Weitere Voraussetzungen des Erzählens:
* Theory of Mind
* Erkennen des Themas
* Weltwissen
* Erinnerungsvermögen
* Reihenfolge
* Logischer Zusammenhang
* Wesentliches
* Sprachverständnis
* Lesesinnverständnis
* Schriftliche Sprache
* Erzählperspektive einheitlich
* Einzelheiten der Bilder
- Grammatik / Semantik:
* Genus
* Kasus
* Kongruenz
* Konjugation
* Nebensatzbildung
* Spannungswörter
* Gefühlsausdrücke
* Adjektive
* Verbenanwendung
- Rechtschreibung:
* Groß- / Kleinschreibung
* Mehrfachkonsonanz
* Orthographische Besonderheiten
Anmerkungen:
- Ja / Nein Skala etwas zu ungenau und oberflächlich, keine differenzierten Antworten möglich
- informelles, nichtstandardisiertes Screening
- schnelle Durchführung, guter erster Überblick über Erzählfähigkeiten
Literatur
Achhamer, B.: Kindliches Erzählverhalten (Online Fragebogen), bislang nicht veröffentlicht.
Baur, S. & Endres, R. (2000): Informelles Verfahren zur Überprüfung von Sprachverständnisleistungen (IVÜS). Die Sprachheilarbeit 45, 2, 64-71.
Dohmen, Andrea: "Das Pragmatische Profil: Analyse kommunikativer Fähigkeiten von Kindern". Elsevier, München. 2009
Elben,C.E.& Lohaus, A.: "MSVK: Marburger Sprachverständnistest für Kinder".Hogrefe Verlag.2001
Bishop, D.V.M.: “Development of the Children´s Communication Checklist (CCC): A Method for Assessing Qualitative Aspects of Communicative Impairment in Children”. In: Journal of Child Psychology and Psychiatry, 39, S. 879-891.1998
Grimm, H. & Schöler, H. (1998a): Heidelberger Sprachentwicklungstest (HSET). 2.
Auflage. Göttingen: Hogrefe.
Grimm, H. & Schöler, H. (1998b): Heidelberger Sprachentwicklungstest (HSET).
Handanweisung. 2. Auflage. Göttingen: Hogrefe.
Kraus, H. & Wagner, J. (2012): Pragmatische Störungen bei Kindern mit Störungen des Autistischen Spektrums. Bachelorarbeit, Ludwig-Maximilians-Universität München, abrufbar unter: epub.ub.uni-muenchen.de/14199/.
Ritterfeld, U. & Franke, U. (1994): Die Heidelberger Marschak Interaktionsmethode (HMIM). Zur diagnostischen Beurteilung der dyadischen Interaktion mit Vorschulkindern. Stuttgart: Fischer Verlag.
Schelten-Cornish, S.; Wirts, C. (2008): Beobachtungsbogen für vorsprachliche Fähigkeiten und Eltern-Kind-Interaktion BFI, (FiSchE Konzept). L.O.G.O.S. INTERDISZIPLINÄR, 16 (4), 262-270
Schelten-Cornish, S., (2008). Förderung der kindlichen Erzählfähigkeit. Geschichten erzählen mit Übungen und Spielen. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag.
Schelten-Cornsh, S. (2012): Beobachtungsbogen für pragmatische Fähigkeiten (BFP). Abrufbar unter: www.sprachtherapie-sc.de/g_pragmatik.htm.
Schöler, H. & Welling, A.: “Handbuch Sonderpädagogik: Sonderpädagogik der Sprache. Band 1. Hogrefe-Verlag 2007. S. 588-601
Spreen-Rauscher, M.: „Die Children´s Communication Checklist“ (Bishop 1998)- ein orientierendes Verfahren zur Erfassung kommunikativer Fähigkeiten von Kindern. In: Die Sprachheilarbeit Jg. 48 (3) Juni 2003
Weblinks