Dysphonien bei Jugendlichen und Erwachsenen
Stimmstörungen
Definition
Als Dysphonie (griechisch: /δυσφωνια/, /δυσ/ dys, für „krankhaft“ „schlecht“ oder „abweichend“, /φωνή/ für Stimme) wird die Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Stimme und des Schwingungsablaufes bei der Stimmgebbung bezeichnet. Dazu zählen alle Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Kehlkopfes und des Ansatzrohres. Synonym werden die Bezeichnungen Stimmstörung, Stimmerkrankung und Dysphonemie gebraucht (Franke, S.30, Widhalm, S.19). Eine Stimmstörung wirkt sich ungünstig auf die Funktionskreise Atmung (Respiration), Stimmgebung (Phonation) und Aussprache (Artikulation) aus und ist hauptsächlich durch Veränderungen des Stimmklanges gekennzeichnet. Oftmals kommt es zu hörbarer dauerhafter Heiserkeit. (Hammer, S.55), Rauheit oder Behauchung der Stimme. Es wird zwischen funktionellen und organischen Stimmstörungen unterschieden. Entscheidend dafür ist das Vorliegen
- einer organischen Veränderung des Kehlkopfes (z.B. Entzündungen oder Tumore)
- oder einer Störung der Kehlkopffunktion
Als stärkste Beeinträchtigung der Stimme wird die Aphonie (/άφωνια/ aphonia für „stimmlos“) angesehen, bei der es zum völligen Ausbleiben der Stimme kommt (Franke, S.30).
Ursachen
Als Ursache für eine Dysphonie wird ein multifaktorielles Wirkungsgefüge angenommen. Auf körperlicher Ebene sind dies beispielsweise körperliche Fehlhaltungen oder Tonusdysbalancen. Auslösenden Ursachefaktoren einer Stimmstörung können sein:
konstitutionelle Faktoren:
- anlagebedingte Faktoren wie Größe und Form des Kehlkopfes, Masse der Kehlkopfmuskulatur
habituelle Faktoren:
- gewohnheitsbedingte Faktoren wie dauerhaft zu lautes Sprechen, Gebrauch falscher Register, inadäquate mittlere Sprechstimmlage, Überschreiten des Stimmumfanges
ponogene Faktoren:
- übermäßiger Stimmgebrauch mit zu starker Anstrengung, zu langer /zu lauter Stimmgebrauch
organische Faktoren:
- Primär organische Veränderungen wie entzündliche Prozesse(Laryngitis, Reinke Ödem)
psychogene Faktoren:
- psychische Fehlsteuerung durch Stress, seelische Konfliktverarbeitung, Depression oder ähnliches
(Wirth, S.238, Hammer, S.54)
Symptomatik
Hauptsymptomatik
- eingeschränkte stimmliche Belastbarkeit
- Veränderung des [[Stimmklanges]]
- Verschiebung der [[Mittleren Sprechstimmlage]] (nach oben und unten)
- unregelmäßige [[Stimmlippenschwingung]]
Begleitsymptomatik
- Schmerzen oder Missempfindungen (Globusgefühl, Druckempfinden, Beschwerden beim Schlucken)
- Veränderung der Atmung
- Veränderung des Muskeltonus (Hals-, Kopf-, Körpertonus)
- Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit
(vgl. Wirth, Hammer, Franke, Böhme)
Formen von Stimmstörungen
Funktionelle Dysphonien
Funktionelle Dysphonien können laut Wirth (1995) folgendermaßen unterteilt werden:
Phonoponosen: Stimmstörungen infolge von Stimmfehl- oder -überbelastung. Auditive Erkrankungen und Erkrankungen des Atemapparates müssen ausgeschlossen sein.
Phononeurosen: Stimmstörungen aufgrund akuter oder chronischer psychischer Beeinträchtigungen. Hierbei stehen hauptsächlich psychische Faktoren bei der Entstehung einer Stimmstörung im Vordergrund.
Bei einer funktionellen Dysphonie besteht eine eingeschränkte Funktion der an der Stimmgebung beteiligten Organe, ohne dass ein organischer Befund vorliegt.
Hyperfunktionelle Dysphonie
Es kommt hierbei zu einem unabsichtlichen übermäßigen Kraftaufwand der Phonations- und Atemmuskulatur infolge einer Überfunktion des Mm. Lateralis und transversus. Aufgrund des damit verbundenen erhöhten glottischen Wiederstandes zeigen sich Schwingungsunregelmäßigkeiten der Stimmlippen. Die umgebende Muskulatur des Halses, der Schultern und des Nackens weisen häufig Verspannungen auf. Ursache ist häufig eine Stimmfehl- und –überbelastung, wie dauerhaft zu hohes und zu lautes Sprechen, Sprechen im Lärm oder der Versuch, über erhöhten Kraftaufwand die individuelle Stimmleistung aufgrund erhöhter Sprechanforderung auszugleichen. (Wirth, S.239 ff.)
Stroboskopischer Befund:
- Verkleinerung der Schwingungsamplitude der Stimmlippen
- Verlängerung der Schlussphase der Stimmlippen
- eingeschränkte Randkantenverschiebung
- Rötung der Stimmlippenränder
- Schleimauflagerung am Übergang vom vorderen zum mittleren Drittel
- teilweise Einspringen der Taschenfalten
Stimmbefund:
- knarrender, harter, heiserer, teilweise gepresster Stimmklang
- harte bis knarrende Stimmein- und - absätze
- gedämpfte, dünne Resonanz
- eingeschränkte Modulation
- eingeschränkte Ton- und Ausatemdauer
Atmung:
- häufig Thorakal- oder Klavikularatmung (Hochatmung)
- Verschiebung der Atemmittellage
- Sprechen auf Restluft
- erhöhte Atemfrequenz
Taschenfaltenstimme
Als Extremform der Hyperfunktionellen Dysphonie gilt die Taschenfaltenstimme, die sich in zwei Formen unterteilt:
Unerwünschte Taschenfaltenstimme
Durch dauerhaft zu hohen Anblasedruck springen zusätzlich zu gepressten und harten Stimmgebung auch noch die Taschenfalten ein, die an der eigentlichen Phonation nicht beteiligt sind. Dabei schwingt das vordere Drittel der Schleimhautränder, im hinteren Drittel entwicht jedoch unkontrolliert Luft („wilde Luft“). (Hammer, S.63, Wirth, S.248 ff.)
Stroboskopischer Befund:
- verengter supraglottischer Raum (supraglottische Einschnürung)
- hyperplastische Taschenfalten (Gewebeverdickung)
- oftmals kein vollständiger Stimmlippenschluss mehr
- kaum sichtbare Stimmlippen
Stimmbefund:
- extreme hyperfunktionelle Dysphonien
- gepresster, rauher, heiserer, tiefer Stimmklang - laryngeale, pharyngeale Missempfindungen - keinerlei Modulationsfähigkeit
- starke Verkürzung der Phonationsdauer
Erwünschte Taschenfaltenstimme
Nach Teil- oder Vollresektion der Stimmlippen oder bei bestimmten Formen der Stimmlippenlähmung (beidseitige Recurrensparese mit Fixation der Stimmlippen in Intermediärstellung) wird diese Form der Taschenfaltenstimme bewusst als Ersatzphonation antrainiert. (Wirth, S 248 ff.)
Hypofunktionelle Dysphonie
Es kommt hierbei zu einem zu geringen glottischen Widerstand, der häufig auf einer Unterfunktion der Mm. lateralis, des M. transversus und des M. internus beruht. Tonus und Funktion der Muskelsysteme des Phonationsapparates sind dabei eingeschränkt und herabgesetzt. Es zeigen sich aufgrund des geringeren glottischen Widerstandes Schwingungsunregelmäßigkeiten der Stimmlippen sowie ein unvollständiger Stimmlippenschluss, durch den sogenannte „wilde“ Luft entwicht. Dadurch erhöht sich der Kraftaufwand bei der Atmung.
(Hammer, S. 61, Pascher & Bauer, S.22)
Stroboskopischer Befund:
- entweder ovalärer Glottispalt (Internusspalt)
- oder Spalt im hinteren Drittel (Transversusspalt)
- verkürzte Schlussphase
- übermäßige Randkantenverschiebung
Stimmbefund:
- behauchter, verhauchter, heiserer, belegter Stimmklang
- behauchte Stimmein- und -absätze
- verminderte, dünne Resonanz
- erhöhte Mittlere Sprechstimmlage (bis hin zum Kopfregister)
- eingeschränkte Modulations- und Steigerungsfähigkeit
Atmung:
- häufig Hochatmung
- Verschiebung der Atemmittellage
- überhöhter Luftverbrauch (Luft geht „verloren“)
- oftmals gesamtkörperliche Tonusdysbalancen
- häufig Hypotonus der Artikulationswerkzeuge
Gemischte Dysphonie
Diese Form gilt als häufigste Form der funktionellen Dysphonien. Es treten sowohl hyperfunktionelle als auch hypofunktionelle Symptome in Kombination und Ausprägung auf. Auch hier kommt es zu einem muskulären Ungleichgewicht der an der Stimmgebung beteiligten Muskelsysteme. (Hammer, S. 62)
Psychogene Stimmstörungen
Sie zählen zu den Phononeurosen und sind Stimmstörungen, die durch erhöhte seelische Belastung, Stresssituationen, traumatische Erlebnisse oder unbewältigte Konflikte ausgelöst werden können. Die Stimmstörung zeigt sich dann als Symptom der psychischen Überbelastung. (Spieker-Henke, S.61, Hammer, S.64)
Man unterscheidet:
Psychogene Dysphonie
- Hauptsymptom: Heiserkeit
- Stimmklang belegt, gepresst, aber auch behaucht, leise oder Zittern der Stimme möglich
- bei Ausschalten der auditiven Kontrolle ergibt sich ein verbesserter Stimmklang
- meist plötzliches Auftreten ohne vorangegangene Stimmüberbelastung
Psychogene Aphonie
- vollständiger Verlust der Stimme
- sowohl mit hyper- als auch hypofunktionellen Symptomen
- sowohl Flüstern, aber auch gepresster, taschenfaltenanteiliger Stimmeinsatz denkbar
- Lachen oder Husten aber häufig stimmhaft
Mutationsstimmstörungen
Störung während des Stimmwechsels in Form von fehlender oder unvollständiger Absenkung der Stimmlage während des Stimmbruches (Mutation) trotz normalen Kehlkopfwachstums. Männer sind häufiger von Mutationsstimmstörungen betroffen als Frauen. Hauptmerkmal ist eine unphysiologische Stimmlage. (Wirth, S.286 ff.)
Ursachen
Durch rapides Wachstum des Kehlkopfes und der damit verbundenen Anpassung der zentralnervösen Verschaltung sowie der Funktion der Sehnen Muskeln und Bänder kommt es zu Problemen beim Stimmwechsel.
Funktionelle Ursachen:
- Einschränkung des audiophonatorischen Kontrollsystems (Schwerhörigkeit, Unmusikalität)
- Stimmfehl- oder -überbelastung
- intrapersonelle psychische Probleme (Schwierigkeit Übergang Kind – Erwachsener)
- zu starke persönliche Bindung an die Eltern (Beibehalten der kindlichen Stimme)
Organische Ursachen:
- Ausfall der Keimdrüsentätigkeit vor der Pubertät
- Störungen des Hormonhaushalts des Körpers
- Fehlreaktion bestimmter Rezeptoren im ZNS auf Hormonhaushalt
Formen
Bei den Stimmstörungen infolge hormoneller Veränderungen wird zwischen funktionellen bzw. organischen Mutationsstimmstörungen unterschieden.
Funktionelle Mutationsstimmstörungen
Unvollständige Mutation (Mutatio incompleta)
Sie ist die am häufigsten auftretende Form der Mutationsstimmstörungen, insbesondere bei Männern. Sie bleibt häufig unbemerkt oder wird aufgrund ähnlicher Syptomatik als funktionelle Dysphonie diagnostiziert.
Stroboskopoischer Befund:
- Mutationsdreieck (dreieckförmiger Spalt im hinteren Bereich der Stimmlippen)
- verdickte, gerötete Stimmlippen
- eingeschränkte [[Randkantenverschiebung]]
- verlängerte Offenphase der Stimmlippen bei der Schwingung
Stimmbefund:
bei Jungen: - Stimme sinkt statt 12 Halbtönen (1 Oktave) nur 4-7 Halbtöne ab - überhöhter, leicht behauchter, dünner resonanzarmer Stimmklang
- werden am Telefon häufig mit einer Frau verwechselt
- eingeschränkte Belastungsfähigkeit
- sekundär können aufgrund der erhöhten Sprechbelastung Symptome einer funktionellen Dysphonie auftreten
bei Mädchen:
- Stimme sinkt statt 3 Halbtönen (Terz) nur 1-2 Halbtöne ab
- Sprechen im Kopfregister
Mutationsfistelstimme
Stimme befindet sich nach der Mutationsphase oberhalb der kindlichen Stimmlage. Es wird im Kopfregister oder Falsett gesprochen.
Stroboskopischer Befund:
- unvollständiger Glottisspalt
- Mutationsdreieck
- hyperplastische Stimmlippen
- verkürzte Schwingungsamplitude und eingeschränkte Randkantenverschiebung
Stimmbefund:
- schriller, dünner, piepsiger, Stimmklang
- resonanzarme, wenig belastungsfähige Stimme
- rauher, kratziger Stimmbeiklang
- Sprechanstrengung
Verlängerte Mutation (mutatio prolongata)
Männliche Mutation erstreckt sich über einen übermäßig langen Zeitraum. Die Stimmlage ist instabil und wechselt zwischen kindlicher und männlicher Stimme.
Stroboskopischer Befund:
- Mutationsdreieck
- Reizung der Stimmlippenschleimhäute
Stimmbefund:
- typisches Kippen der Stimme
- brüchiger, teils verhauchter, knarriger Stimmklang
- eingeschränkte Stimmstabilität
- Diplophonie
Organische Mutationsstimmstörungen
Verzögerte Mutation (Mutatio tarda)
Es kommt aufgrund von hormoneller Unterfunktion und einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung zum verspäteten Einsetzen der Mutation. Ursache ist ein verspäteter Beginn der Pubertät durch verschiedene Faktoren wie herabgesetzter Hypophysentätigkeit, Schilddrüsenfehlfunktion oder Hodenschädigung.
Stimmwechsel findet dann erst bei den Jungen nach dem 16. Lebensjahr und bei den Mädchen nach dem 14. Lebensjahr statt.
Schwangerschaftsmutation
Eine erhöhte Androgenprodunktion während der Schwangerschaft kann zu einem irreversiblen Kehlkopfwachstum und einer damit verbundenen erniedrigten Stimmlage um bis zu 1 Oktave führen.
Weitere: Stürmische Mutation, Mutatonsbass bei Jungen, Perverse Mutation bei Mädchen, Verfrühte Mutation, Persistierende Kinderstimme, Fehlende Mutation aufgrund von Kehlkopfasymmetrien
Organische Dysphonien
Veränderungen organischer Art sind entweder erworben oder angeboren. Zu den erworbenen organischen Veränderungen zählen Erkrankungen durch stimmlichen Fehlgebrauch, entzündliche Prozesse, Tumore oder Verletzungen des Phonationsapparates. Als angeborene organische Veränderungen gelten Fehlbildungen. (Wirth, S. 396 ff., Hammer, S.77 ff.)
Organische Veränderungen durch stimmlichen Fehlgebrauch
Stimmlippenknötchen (auch „Sängerknötchen“)
Eine solche organische Veränderung beruht auf einer dauerhaften Überbelastung der Sprech- und Singstimmgebung. Dabei kommt es wie bei der hyperfunktionellen Dysphonie zu übermäßigem Druck bei der Stimmerzeugung. Es zeigen sich am Übergang vom vorderen zum mittleren Drittel (Ort der größten Stimmbelastung) sogenannte Phonationsverdickungen, die beidseitig und symmetrisch auftreten. Frauen sind häufiger von Stimmlippenknötchen betroffen als Männer. Unterschieden werden je nach Stadium
- Phonationsverdickungen (Anfangsstadium)
- weiche Knötchen (fortgeschrittenes Stadium)
- harte Knötchen (Endstadium)
Während weiche Knötchen stimmtherapeutisch behandelt werden können, müssen harte Knötchen in den meisten Fällen operativ entfernt werden.
Stroboskopischer Befund:
- Verdickungen am freien Rand der Stimmlippen
- paarig angelegt und symmetrisch
- „Sanduhrglottis“ (Spalt vor und hinter den Knötchen)
- gereizte Stimmlippenschleimhaut
- inkompletter Stimmlippenschluss (nur Verdickungen berühren sich)
Stimmbefund:
- gepresster, verhauchter, oftmals diplophoner Stimmklang
- häufig subjektive Missempfindungen (Kloßgefühl)
- Räusperzwang
Kontaktgranulom (Kontaktulkus)
Durch stimmliche Fehl- und Überbelastung und ein damit verbundenes Zusammenschlagen der Aryknorpel kommt es überwiegend bei Männern mittleren Alters zu Epithelschäden an einem der Stimmbänder. An der verletzten Stelle lagert sich Granulationsgewebe ab. Es entsteht eine Verdickung. Schließen sich die Stimmlippen während der Phonation kommt es zu einem sogenannten „Hammereffekt“, bei dem die Gewebeverdickung sich in das gegenüberliegende Stimmband drückt. Es entsteht eine Gewebeeinbuchtung (Ulkus).
Stroboskopischer Befund:
- stechender Schmerz beim Schlucken
- Verdickung auf einer Stimmlippe
- Einbuchtung auf gegenüberliegender Stimmlippe
Stimmbefund:
- harte meist knarrende Stimmeinsätze
- eher unauffälliger Stimmklang
weitere: Vokalisatrophie
Organische Veränderungen der Stimme durch entzündliche Prozesse
(Hammer, S.78 ff., Wirth S.396 ff.)
Laryngitis
Durch Viren ausgelöste Kehlkopfentzündung, die sich auf den gesamten Stimmapparat auswirken kann und medikamentös behandelt werden muss.
Symptomatik: Heiserkeit, Trockenheitsgefühl, Schmerzen beim Schlucken und Sprechen
Stroboskopischer Befund:
- gerötete, verdickte Kehlkopfschleimhaut
- Ödimatose Stimmlippen
Stimmbefund:
- Vertiefung der Sprechstimmlage, Stimmanstrengung
- heiserer, rauher Stimmklang
Formen:
- akute Laryngitis
→ vorübergehende Entzündung des Larynx
- chronisch hyperplastische Laryngitis
→ chronischer Verlauf der akuten Laryngitis mit dauerhafter Heiserkeit, Schleimhautverdickung und vermehrtem Räusperzwang
Achtung: Es besteht Entartungsgefahr (Kehlkopfkarzinom)
Reinke – Ödem
Gilt als Sonderform der chronisch hyperplastischen Laryngitis. Es kommt zu einer Flüssigkeitsansammlung (Ödem) im sogenannten Reinke Raum unterhalb der schwingungsfähigen Schleimhaut der Stimmlippen. Häufig sind Frauen mittleren Alters betroffen. Rauchen und Alkohol sind oftmals begünstigende Faktoren. Ein Reinke- Ödem kann einseitig als auch beidseitig auftreten und muss operativ abgetragen werden.
Stimmbefund:
- rauchiger, tiefer Stimmklang
- oftmals ist der auditive Eindruck der einer Männerstimme
Stimmlippenpolyp
Es handelt sich um eine meist einseitige hyperplastische Wucherung auf der Stimmlippenschleimhaut. Rauchen oder chronische Entzündungen können das Wachstum begünstigen. Ein Polyp entsteht häufig im vorderen oder mittleren Drittel der Stimmlippe und muss operativ entfernt werden. Da auch eine stimmliche Überbelastung der Grund für das Entstehen eines Polyps sein kann, sind stimmliche Symptome einer funktionellen Stimmstörung festzustellen.
Tumore
Der Kehlkopf kann sowohl von gutartigen als auch von bösartigen Tumoren in unterschiedlicher Form und Ausprägung betroffen sein.
Gutartige sowie bösartige Tumore werden operativ entfernt. Die bestmögliche Erhaltung des Kehlkopfes und die Gewährleistung der Primärfunktion Atmung und Atemschutz beim Schlucken des Kehlkopfes steht dabei immer im Vordergrund.
Gutartige Tumore:
- Stimmlippenzyste
- Stimmlippenpapillom
Bösartige Tumore:
- Larynxkarzinom
weitere: Gastroösophagealer Reflux, Stimmlippenblutung, Intubationstrauma, Posttraumatische Stimmstörung, Epiglotitis, Leukoplakie, Kehlkopfpappillomatose, Perichondritis, Larynxdiphterie
Sonstige Stimmstörungen
Spastische Dysphonie
Die spastische (oder spasmodische) Dysphonie wird weder den Phonoponosen noch den Phononeurosen zugeordnet.
Sie beruht auf einer Fehlfunktion der zentralnervösen Kontrolle der pharyngealen Sphinktermechanismen, wodurch es zu einer unwillkürlichen, krampfartigen Kontraktion der Stimmlippen beim Sprechen kommt. Lachen und Husten sind davon nicht betroffen. Synonym wird auch der Begriff Stimmstottern gebraucht.
Als Ursachefaktoren werden vermutet:
- Psychogene Faktoren (Depression, Neurose)
- Neurologische Erkrankungen (zentralnervöse Dysfunktion, Schädel-Hirn-Trauma)
- Iatrogene Faktoren (Langzeiteinnahme von Neuroleptika)
Stimmbefund:
- gepresster, teilweise zittriger, kippender, ächzender Stimmklang
- Stimmgebung mit scheinbarer Sprechanstrengung und gequältem Klang
- häufig aphone Anteile der Stimmgebung
- Phonation und Aphonie im Wechsel
- Sprechverlangsamung
Atmung:
- durch abruptes Unterbrechen der Stimmgebung Atemvorgang gestört
- Dyskoordination der Atembewegungen
- häufig Atemlosigkeit
- Verspannungen im gesamten Phonations- und Artikulationsapparat
Presbyphonie
Es kommt aufgrund von falschem Stimmgebrauch, morphologischen Veränderungen des Kehlkopfes (Polypen, Karzinome usw.) oder neurologischen Erkrankungen (Morbus Parkinson u.a.) im Alter zu einer Stimmstörung mit hauptsächlich funktioneller Symptomatik.
Je nach Ätiologie wird eine medikamentöse oder operative Therapie eingeleitet.
Weitere: Stimmlippenlähmungen, Kehlkopfasymmetrien, Dysodie, Zervikogene Dysphonie
Literatur
Böhme, Gerhard (Hrsg.) (2003). Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen Band 1: Klinik. Urban Fischer Verlag München.
Franke, Ulrike (2004). Logopädisches Handlexikon. 7. Auflage. Ernst Reinhardt Verlag, München Basel.
Hammer, Sabine (2003). Stimmtherapie mit Erwachsenen. 2.Auflage. Hrsg. Thiel, M., Springer Medizin Verlag Heidelberg.
Pascher, Wolfgang, Bauer, Hans (1984). Differentialdiagnose von Sprach-, Stimm- und Hörstörungen. Georg Thieme Verlag Stuttgart New York.
Widhalm, Barbara Maria (2004). Stimmtherapie in der Gruppe, Ein Konzept und seine Effektivität. 1. Auflage. Schulz- Kirchner Verlag. Idstein.
Wirth, Günter (1995). Stimmstörungen.4. Überarbeitete Auflage. Deutscher Ärzte Verlag Köln.